Weibliche Herrschaft im
Islam – ein Ding der Unmöglichkeit oder bewusste Leugnung von Fakten? – Teil 1:
Weibliche Herrschaft zur Blütezeit der islamischen Kultur (750-1250)
Spricht man die Leute auf die
Rolle der Frau im Islam an, so erhält man als Antwort oft das Bild der
unterdrückten, rechtlosen Frau mit Kopftuch oder Gesichtsschleier, die dem Mann
absolut hörig ist. Doch entspricht dieses Stereotyp der Wahrheit? Gab es in der
islamischen Welt nie herausragende Herrscherinnen oder Prinzessinen? Waren
Frauen tatsächlich immer im Harem eingesperrt mit der einzigen Aufgabe schön zu
sein und ihrem Besitzer zu Willen zu sein?
Tatsächlich finden sich in den
offiziellen Hofchroniken nur wenige Hinweise auf weibliche Herrschaft oder
herausragende Frauen. Dennoch lassen sich bei gründlicher Recherche viele
Frauen aus verschiedenen Epochen und Regionen der islamischen Welt finden, die
zum Teil entscheidenden Einfluss auf die historische Entwicklung hatten. Warum
also diese Leugnung weiblicher Herrschaft? Oder anders ausgedrückt unter
welchen Bedingungen durften Frauen Macht ausüben oder hatten Einfluss? Wer sind
diese Frauen und wie gelang es ihnen sich zwischenzeitlich in einer von Männern
dominierten Welt zu behaupten? Der folgende Aufsatz geht diesen Fragen anhand
von Beispielen aus der allgemein als Blütezeit bezeichneten Phase des
islamischen Weltreichs (750-1250) nach und beabsichtigt so, die Theorie zu
belegen, dass weibliche Herrschaft im Islam möglich war, jedoch an konkrete
Bedingungen oder Situationen gebunden.
1.
Herausragende
Frauen zur Zeit der Abbasidendynastie (750-1258)
Generell ist festzuhalten, dass
die islamische Kultur in ihren Anfängen stark durch den Einfluss der beiden
großten Kulturen in ihrer unmittelbaren Umgebung, die christlich byzantinische
einerseits und die persisch sassanidische andererseits geprägt wurde. So habe
die frühen Muslime den größeren Schutz, den diese Kulturen Frauen durch Schleier,
Harem und Eunuchen zu geben pflegten, schlichtweg übernommen und in ihr Leben
integriert, in die junge islamische Kultur, die durch ihren Ursprung auf der
arabischen Halbinsel eher beduinische Züge trug. Waren demnach Harem und
Schleier ursächlich als Mittel zur Unterdrückung der Frau gedacht? Dem
widerspricht allein die Tatsache, dass es unter den frühen Abbasiden (führende
Dynastie der islamischen Welt 750-1250) drei herausragende Königinnen gab, die
sowohl einflussreich als Wohltäterinnen und Mäzeninnen der Künste waren als
auch großen Einfluss auf die Regierung ihrer Söhne hatten, so den berühmten
Hārūn ar-Raschīd (reg. 786-809). Wer waren Chaizurān al-Mansūr, Zubaidah und
Burān und wie gelang es ihnen Einfluss zu erlangen?
Interessanterweise sind die drei
Frauen in ihrem Weg so unterschiedlich wie in ihrer Herkunft. Die erste Chaizurān
(st. 790), war ein Sklavenmädchen im Palast, wo sie aufgrund ihrer Fähigkeiten
von dem Abbasidenkalif al-Mansūr (reg. 754-775) entdeckt wurde. Noch
entscheidender für Chaizurān war jedoch, dass sie dem Herrscher schnell zwei
Söhne gebar, was ihre Position im Harem stärkte und schließlich 774 zur Heirat
mit dem Fürsten führte. Inwiefern Chaizurān die Politik ihres Ehemannes
beeinflussen konnte ist nicht bekannt, dass sie jedoch die Politik ihres Sohnes
al-Hādī (reg.785-786) formte und zeitweilig die Mach praktisch übernahm ist
erwiesen. Im Gegensatz dazu stammt die zweite bekannte abbasidische Fürstin,
Zubaidah (st. 831), selbst aus königlicher Familie und hatte Hārūn ar-Rashīd
aus Liebe geheiratet. Obwohl ihr eigener Sohn später im Nachfolgestreit mit
einem Stiefsohn unterliegen sollte, erwies sich Zubaidah als großmütige Frau.
Sie verzieh dem neuen Herrscher nicht nur die Ermordung ihres leiblichen
Sohnes, sondern akzeptierte ihn auch als Herrscher und trug entscheidend zum
Wiederaufbau von Bagdad bei. Besondere Bekanntheit erlangte sie für insgesamt
sechs Pilgerreisen nach Mekka auf denen sie die Verantwortung für den Aufbau
einer guten Wasserversorgung auf der Pilgerroute übernahm. Die jüngste der drei
Frauen, Burān (st. 884) stammte als Tochter des Schatzmeisters aus einer
angesehenen Familie. Denn Quellen zufolge war ihre Hochzeitsfeier mit zwei
Wünschen verbunden, zum einem der Vergebung für ihren Onkel wegen der
Teilnahme an einem Aufstand, zum anderen
der Erlaubnis zur Pilgerreise. Außerdem kümmerte sie sich als Beraterin um die
Angelegenheiten der Frauen von Bagdad.
Was lässt sich bei einem Blick
auf diese drei Königinnen in einem ersten Ergebnis festhalten? Zum einen das
Einfluss nicht an Geburt gebunden war, zum anderen das Söhne die Machtposition
von Frauen festigen konnten und schließlich, dass die abbasidischen Fürstinnen
sich für andere einsetzten und ihre Position für Verbesserung im sozialen
Bereich einsetzten. Setzte sich diese Entwicklung in anderen Epochen und
Regionen der islamischen Welt fort? Gibt es dort verlgeichbare Elemente oder
andere relevante Aspekte? Diesen Fragen gehen die folgenden Abschnitte mit
Beispielen aus dem Jemen, Indien (Dehli-Sultanat) und Ägypten nach.
2.
Weibliche
Herrschaft im Jemen – die Dynstie Sulaihiden (1038-1137)
Im Jemen hat es Herrscherinnen
gegeben? Ja, in der Tat gibt es zwei Herrscherinnen, die über einen Zeitraum
von 50 Jahren die Geschicke ihre Landes und ihrer Dynastie prägten, Mutter und
Schwiegertochter. Ausgangspunkt für diese Epoche weiblicher Herrschaft, war die
Ermordung des Herrschers 1082 und die anschließende Machtübernahme durch seine
Frau im folgenden Jahr (1083) als Regentin für ihren Sohn. Asma war von edler
Abkunft und aktiv als Gönnerin von Dichtern und Wohltäterin. Ein Zeichen für
ihre hohe Stellung war, dass sie unverschleiert in der Öffentlichkeit auftrat.
Noch wichtiger ist jedoch, dass sie selbst für eine gute Ausbildung ihrer
späteren Schwiegertochter Arwa (1052-1137) sorgte, nachdem deren Eltern
gestorben waren. Arwa galt als eine Schönheit und gute Schreiberin, die
vertraut mit Geschichte, Poesie und Historie war, aus ihrer 1065 geschlossenen
Ehe hatte sie vier Kinder. Sie hatte nach dem Tod von Aswa die Staatsführung
übernomen, obwohl ihr Ehemann erst 1091 verstarb, also ein männlicher Herrscher
zur Verfügung stand. Noch interessanter ist jedoch die Tatsache, dass Arwa in
der Folge die Macht für mehr als vierzig Jahre innehatte, obwohl ihr Mann einen
Nachfolger bestimmt hatte, der die Königin (Arwa) heiraten sollte und sogar der
wichtigste Bündnispartner der Jeminiten, der Fatimidenkalif in Kairo diese Ehe
befahl. Wie konnte das geschehen? Es war einfach ausgedrückt der Wille des
Volkes, welches für die Herrscherin rebellierte und nur sie allein als
Oberhaupt akzeptierte. Die Gründe für dieses Verhalten ergeben sich aus einer
äußerst klugen Politik der Fürstin: Sie verlegte die Landeshauptstadt von Sanʿa
weg und schaffte es Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion anstelle vom
Kriegshandwerk zum dominanten Lebensstil der Jemeniten zu machen. Darüber
hinaus sorgte sie für angemessene Steuern, prüfte die Finanzen und stand für
Recht und Ordnung. Wie wichtig Arwa für die Jemeniten war, belegt, dass die
Erinnerung an sie auch durch Bauwerke und Straßen bis heute lebendig ist und
Dichter viele Geschichten von ihr sowie ihrer Pflegemutter überliefert haben.
Wichtigste Erkenntnis zur
weiblichen Herrschaft im Islam aus dem Jemen ist nach diesem kurzen Einblick,
dass Frauen sich auch gegen Männer durchsetzen konnten, wenn sie entsprechende
Unterstützung, so durch das Volk hatten. Allerdings ist auch zu beachten, dass
diese Herrschaft von dem damals wichtigsten Fürsten der islamischen Welt, dem
Fatimidenkalifen in Kairo nicht anerkannt wurde – weil es sich um weibliche
Regierung handelte. Gibt es weitere Belege für Frauen an der Staatsspitze und
ihren Kampf um Anerkennung?
3.
Sultan
Raḍiyya bint Iltutmish ( reg. 1236-40) Dehli-Sultanat und Shajarat ad-Durr
(reg. 1250) Ägypten
Wie schon oben festgestellt
wurde, gelang es auch Mädchen aus dem Sklavenstand Macht zu erwerben. Dies gilt
auch für Shajarat ad-Durr, die als türkische Sklavin in den Harem des letzten
Ayyubiden (regierende Dynastien in Ägypten 1172-1250) Herrschers von Ägypten
gekommen war. Aufgrund ihres starken Willens machte sie Karriere als Lieblingskonkubine
des letzten Ayyubidenherrschers as-Salih (reg. 1237-1249). Als sie diesem 1239
einen Sohn gebar, befreite der Herrscher sie aus der Sklaverei, heiratete sie
und erhob sie in den gleichen Rang wie den Oberbefehlshaber seines Heeres. Neun
Jahre später, 1249, verstarb Salih in der Hafenstadt al-Mansura, wo er den
Angriff des französischen Kreuzzuges erwartete. In der folgenden Staatskrise war
Shajarat ad-Durr Mitglied des Triumvirats, welches den Tod des Herrschers
zunächst verheimlichte und dann durch den Oberbefehlshaber regierte, bis der
Sohn von Salih eintraf. Es ist unklar, inwieweit Shajarat ad-Durr mit den nun
eintretenden Ereignissen einverstanden war, es gibt jedoch Hinweise, dass sie
die Ermordung des rechtmäßigen Thronerben durch die Militärsklaven (Mamluken)
als Sicherung ihrer Herrschaft ansah. Feststeht, dass dieses Ereignis Basis für
ihren Aufstieg an die Staatsspitze war: Die Emire und Mamluken des verstorbenen
Fürsten inthronisierten Shajarat ad-Durr am 04.05.1250 als neue Sultanin und
stellten ihr gleichzeitig ʿIzz ad-Dīn Aybakal-Turkumanī als neuen
Oberbefehlshaber bei.
Allein durch ihre formale
Anerkennung als eigenständige Herrscherin im Nahen Osten kann Shajarat ad-Durr
als herausragend angesehen werden. Doch was bewegte die Emire und Mamluken zu
ihrer Entscheidung?
Tatsächlich gab es zwei Gründe,
welche die Herrschaft von Shajarat ad-Durr legitimierten. Zum einen ihr Status
als Witwe des toten Sultans und zum anderen die Tatsache, dass sie die Mutter
des – zwischenzeitlichen verstorbenen – Thronerbens war. Aber auch
darüberhinaus war die Entscheidung der Fürsten durchdacht, da Shajarat ad-Durr
schon zuvor politisches Talent bewiesen hatte und als Beraterin ihres Sohnes
fungiert hatte. Hinsichtlich der ägyptischen Geschichte markiert die Regierung
der Shajarat ad-Durr zudem den Übergang von der Dynastie der Ayyubiden zu den
Mamluken. Allerdings sollte sie nur kurze Zeit eigenständig herrschen: Der
Abbasidenkalif als höchste weltliche Instanz der islamischen Welt verweigerte
nämlich - trotz wiederholter Loyalitätsbekundungen der Sultanin ihm gegenüber –
die Anerkennung einer Frau als Herrscherin. Daher sahen sich die Mamluken am
30.juli 1250 gezwungen, die Sultanin durch einen Mann, ihren Oberbefehlshaber,
zu ersetzen. Allerdings ist diese Abdankung nicht gleichzusetzen mit einer
Aufgabe ihrer Rolle als Herrscherin, da sich noch bis 1255 Dekrete und Erlasse
finden lassen, die von ihr gezeichnet sind. Eine Erklärung hierfür ist auch,
dass der neue Herrscher, Aybak (reg. 1250-1257) sie vermutlich direkt nach
seiner Inthronisierung spätestens jedoch 1254 heiratete bzw. heiraten musste um
so seine Herrschaft zu legitimieren.
Der Rest ihrer Geschichte ist
schnell erzählt. Als der der Herrscher sich eine neue Frau nahm, sorgte Shajarat
ad-Durr um ihre Macht zu erhalten für seine Ermordung am 10.04.1257. Allein sie
konnte ihre alte Position als „Königsmacherin“ nicht mehr einnehmen: 18 Tage
später fand man ihren unbekleideten Leichnam vor der Kairoer Zitadelle, die
Mörder wurden nie gefasst. Shajarat ad-Durr wurde in ihrem selbsterbauten Grab
beerdigt, ihre Zeitgenossen rühmen sie als unvergleichliche Schöhnheit und für ihr
entschiedenes Auftreten.
Doch Shajarat ad-Durr war kein
Einzefall von weiblicher Herrschaft im 13. Jahrhundert. Die allererste Frau,
die als Herrscherin eingesetzt wurde, war Sultan Radiyya bint Iltutmish, welche
das indische Dehli-Sultanat von 1236-1240 regierte. Allerdings gibt es nur
wenig Quellentexte für ihr Leben und ihre Regierungszeit. Es ist auffällig, das
spätere Chronisten über die Herrscher von Dehli, so z.B. der berühmte persische
Chronist Wassāf (1299-1323)ihre Herschaftszeit, allerdings auch die ihrer
beiden Nachfolger, zum Teil nicht erwähnen. Ein Beleg für
dieAußergewöhnlichkeit, die Unfassbarkeit einer weiblichen Herrscherin in der
islamischen Welt zur damaligen Zeit?
Was weiß man dennoch über Radiyya
und ihren Weg zur Macht sowie ihre Regierung? Bekannt ist, dass ihr Vater
Iltutmish auch zwei Söhne hatte, wobei der zunächst als Thronerbe vorgesehene
älteste Sohn vorzeitig starb, so dass der zweitgeborene Thronfolger wurde – so
die Quellen. Eine Ausnahme bildet hier der Chronist al-Juzjani, welcher angibt,
dass der Herrscher selbst seine Tochter als Nachfolgerin ausgewählt und dafür
auch extra ein Diplom erstellt habe, da er seine Söhne für regierungsuntauglich
hielt. Die bekannten Fakten zeigen, dass zunächst der Bruder die Herrschaft
übernahm, wobei es mehrfache Versuche gab Radiyya zu ermorden – Auslöser für
eine Revolte. Zu den Rebellen gehört zwei Fraktionen der Fürsten, welche sich
gegen die Herrscherfamilie auflehnten und schließlich den Bruder von Radiyya
und aktuellen Herrscher am 19.11.1236 ermordeten. Auch die neu inthronisierte
Radiyya konnte erst nach einer Weile die Anführer der Rebellion für sich
gewinnen, denn ihre Hauptunterstützer waren nicht die Notabeln, sondern
vielmehr die Bürger von Dehli sowie die Palastsklaven und Militärdiener. Obwohl
Radiyya durchgängig die Unterstützung der Bürgerschaft genoß war es die Hilfe
der Sklavenoffiziere, welche letztlich ihre Herrschaft stabilisierte und die
Verteidigung von Dehli gegen die Rebellen ermöglichte. Radiyya erkannte diese
Rolle an und dankte den Offizieren und Palastsklaven für ihre Unterstützung bei
der Machtergreifung, so konnten einige der jüngeren Haushaltssklaven höhere
Ämter erlangen und ein ehemals niederer Offizier wurde zum Befehlshaber der
Palastwache befördert.
Von Beginn an scheint es, trat
Radiyya bestimmt auf, sie hatte nicht die Absicht als Marionettenherrscherin zu
fungieren. So verteilte sie Rängeund Ländereien unter ihren Anhängern neu, um
so zu verhindertn, dass sich die Adligen auf lokaler Ebene zuviel Einfluss
sichern konnten und so die königliche Autorität gefährdeten; dabei
vernachlässigte sie jedoch die vom Vater übernommene Sklavenelite. Auch anhand
von Münzen lässt sich nachweisen, dass Radiyya darauf bestrebt war sich zu
emanzipieren. Erste Münzen aus ihrer Regierungszeit tragen zwar noch den Namen
ihres Vaters oder weisen auf dessen Ernennung von Radiyya hin, spätestens
1237/38 findet sich jedoch nur noch der Name von Radiyya auf den Münzen.
Zunächst dehnte sich auch das Territorium des Dehli-Sultanats unter ihrer
Herrschaft von Westbengalen bis Sind aus, dann allerdings zeichnete sich in den
Ostprovinzen eine Schwächung des zentralen Einflusses ab, die Provinzen
erklärten sich als autonom. Diese Tatsche kombiniert mit Aufständen
unabhängiger Hindukräfte, welche die Herrschaft einer Frau ablehnten, sorgte
für weitere Gebietsverluste und führte 1238-39 zu einer ersten Revolte, die
jedoch scheiterte. Wenig später gelang jedoch einer umfassenden Verschwörung
die Entfernung der Fürstin aus dem ihr wohlgesonnen Dehli in die revoltierende
Stadt Tabarhind, wo sie interniert wurde – neuer Herrscher wurde ihr
Halbbruder.
1240 gab es einen Versuch Radiyya
erneut an die Macht zu bringen angeführt durch einen Teil des Heeres und ihren
Ehemann – das genaue Datum der Heirat ist unbekannt. Allerdings sollte dieses
Bemühen kläglich scheitern: die Truppen von Radiyya und ihrem Mann wurden von
der kaiserlichen Armee aufgerieben und das Ehepaar anschließend von fliehenden
Anhängern ermordet.
Was zeigen diese beiden Beispiele
weiblicher Herrschaft aus Ägypten und dem Dehli-Sultanat? Zunächst einmal
belegen sie, dass auch hier eine niedere Herkunft kein Hindernis für die
Erreichung eines hohen Amtes darstellte. Gleiches gilt für die Bedeutung der
Geburt eines Sohnes zur Statussicherung von Frauen. Insbesondere Shajarat
ad-Durr weist darüberhinaus auf einen weiteren Aspekt eine weitere
Einflussbereich von Frauen hin, nämlich ihre Rolle als Spender von
Herrschaftslegitimation – ein Aspekt der insbesondere in einer anderen Region
der islamischen Welt im 14. Und 15. Jahrhundert zu großerBedeutung gelangen
sollte nämlich bei den Timuriden (1337-ca.1507) in Zentralasien. Für beide
Herrscherinnen gilt zudem, was bereits für die jemenitischen Fürstinnen
festgestellt wurde, nämlich dass sie ihre Unterstützer im Volk und unter
Militärsklaven, jedoch nicht in der etablierten Elite fanden. Was bedeutet dies
hinsichtlich der eingangs gestellten Fragen?
4.
Fazit
Grundsätzlich ist festzustellen,
dass bezogen auf den Untersuchungszeitraum das westliche geprägte Stereotyp der
unterdrückten muslimischen Frau nicht zutreffend ist – zumindest soweit dies
prüfbar ist und die Elite angeht. Ebenso lässt sich bejahen, dass es zwischen
750 und 1250 gleich mehrere herausragenden Frauen in der islamischen Welt gab,
die für mehr als Haremleben, Schönheit oder gar Willenlosigkeit stehen. Das weibliche
Herrschaft dennoch wenig bekannt und von vielen Chronisten wenn überhaupt nur
am Rande erwähnt wird, dürfte wohl unter anderem darauf zurückzuführen sein,
dass das Hauptpublikum der Chronisten, Herrscher und Adel, dem Phänomen
weiblicher Herrschaft eher ablehnend und misstrauisch gegenüberstanden, während
die unteren Schichten und das Volk dafür offen waren – so lässt sich auch die
Dichtung zu Frauen erklären, die auch oral verbreitet und damit einem größeren
Publikum zugänglich gemacht werden konnte. Schließlich zeigen die aufgeführten
Beispiele auch, dass weibliche Herrschaft zwar nicht durch Herkunft beeinflusst
wurde, wohl aber häufig an den Status der Frau als Mutter eines Sohnes gebunden
war oder aber wie im Falle der Shajarat ad-Durr, einer bestimmten Funktion –
hier der Herrschaftslegitimation – diente. Ob sich diese Formen weiblicher
Herrschaft auch in anderen Phasen der islamischen Geschichte bzw. in anderen
Dynastien äußerten ist noch zu klären (Teil II), in jedem Fall gilt das Frauen
im Islam auch Macht haben konnten.